Wenn du dir dein Leben getragen von vier Säulen vorstellst, welche sind diese jeweils?
- Halt durch Familie/Freunde
- Spaß und Freude an dem, was ich tue
- Selbstvertrauen
- …noch irgendein unberechenbarer Faktor, das Quäntchen Glück. Manche nennen es Schicksal oder Fügung – also etwas, das man nicht berechnen kann, aber das doch irgendwie dafür sorgt, dass es weitergeht. Vielleicht ist das eine etwas wackelige Säule, auf die ich mein Leben da baue, aber dafür sind die anderen drei umso stabiler.
Was darf bei dir im Alltag nicht fehlen?
Abwechslung. Immer wieder irgendwas Neues. Ich habe Schwierigkeiten, Konstanz in mein Leben zu bringen oder irgendwie einen einigermaßen geregelten Tagesablauf hinzubekommen. Heimlich träume ich davon, dass mir irgendwann mal langweilig ist. Ich stelle mir das irgendwie entspannend vor.
Was stimmt dich glücklich, was regt dich auf?
Glücklich macht mich laufen, schreiben oder Zeit mit Leuten zu verbringen, die mir etwas bedeuten. Ich liebe offene und ehrliche Menschen, mit denen man über mehr reden kann als nur über’s Wetter. Deshalb rege ich mich vor allem über Oberflächlichkeit bei anderen Menschen auf. Wenn sie nur nach Äußerlichkeiten urteilen oder sich von Vorurteilen leiten lassen, macht mich das wahnsinnig.
Deine (heimliche) zweite Leidenschaft?
Ich habe eigentlich sehr viele Passionen, die man aber nicht in ein „Ranking“ bringen könnte. Viele Leidenschaften darf/kann ich zum Glück ausleben – wie eben das Laufen -, manche kommen leider viel zu kurz. Vielleicht könnte man diese deshalb als „heimliche“ Leidenschaften bezeichnen? Das wäre bei mir definitiv das literarische Schreiben. Ich habe unglaublich große Freude daran, Geschichten zu schreiben, die ich mir ausgedacht habe.
Außerdem liebe ich Musik – früher habe ich mehrere Instrumente gespielt, gesungen. Um das so auszuüben, dass ich meinen Ansprüchen gerecht werde, fehlt mir mittlerweile die Zeit. Deshalb beschränkt sich diese Leidenschaft auf gelegentliche Theater- oder Konzertbesuche. Da merke ich dann immer sofort, wie sehr ich es vermisse, selbst musikalisch aktiv zu sein. In meinem zweiten Leben wäre ich definitiv Musical-Darstellerin.
Welche Erfahrung hat dich maßgeblich als Mensch und Sportler geprägt?
Man macht ja täglich Erfahrungen, lernt dazu. Am meisten hat mich als Mensch und Sportlerin trotzdem meine Schwimmer-Zeit geprägt (Alter zwischen 7 und 15 Jahren): Ich habe gelernt, was es heißt, auf ein Ziel hinzuarbeiten, zu trainieren und dass man dabei auch manchmal die Pobacken zusammenkneifen muss, um weiterzukommen. Es gab Situationen, in denen es um Teamfähigkeit und Zusammenhalt in der Mannschaft ging und Situationen, in denen es darum ging, allein für sich zu kämpfen. Ich habe gelernt, mit Konkurrenzdruck umzugehen und gleichzeitig Fairness und Respekt vermittelt bekommen.
Was gibt dir der Sport?
Der Sport ist für mich Abschalten. Ich sage absichtlich nicht Abschalten vom Alltag, denn der Sport ist ja mein Alltag. Aber er ist Ausgleich zum Rest, den ich so mache. Ich sage auch absichtlich nicht Ausgleich zur Kopfarbeit, denn auch der Sport ist hin und wieder sehr viel Kopfarbeit. Sehr viel Berechnung, Psychologie. Manchmal gibt mir der Sport nicht viel, sondern er nimmt mir vor allem Kraft. Die bekomme ich aber dann in doppelter Menge zurück, wenn ich ein Ziel erreicht habe.
Wo liegt deine gesunde Mitte?
Ich habe kein Rezept für Balance und das ist vielleicht auch ein Nachteil. Im Bezug auf Sport liegt meine gesunde Mitte sicherlich bei weniger Laufkilometern und -einheiten wie bei anderen Athleten. Ich muss viel alternativ machen, mir Pausentage gönnen, die andere vielleicht nicht nötig haben. Vielleicht lassen sich die auch irgendwann noch reduzieren – wie gesagt: ich bin noch immer in einem Auslotungs-Prozess, der sich aber sicher noch ein paar Jahre zieht.
Ein Blick ins Training
Worauf kommt es deiner Meinung nach im Marathon an?
Marathon ist aus meiner Sicht 100 Prozent Ausdauerarbeit: Die lange Vorbereitungszeit bis zum Showdown, die Länge der Trainingseinheiten, der lange Atem bei ständigen Auf und Abs durch die Abhängigkeit von der körperlichen Gesundheit, psychologische Stärke über eine extrem lange Zeit, Geduld, Geduld, Geduld.
Wie sieht dein spezifisches Training aus? Worauf legst du persönlich Wert?
Das Training kann ich in diesem „beschränkten“ Rahmen nicht überreißen. Grob gesagt: Weniger Kilometer als der „Durchschnitts-Marathoni“, mehr Alternativeinheiten, viel Gymnastik und Beweglichkeit, (leider) zu wenig Kraft und Stabi, Pausentage – ab und zu auch relativ spontan eingestreut.
Was bekommst du häufiger von deinem Trainer zu hören?
„Franzi, du musst geduldiger sein“ „Franzi, du musst dich länger aufwärmen“ „Franzi, du musst mehr schlafen“
Welche Einheiten würdest du lieber aus dem Trainingsplan streichen? Welche liegen dir dagegen besonders gut?
Streichen würde ich gern so manche Tempo-Einheit auf der Bahn. 1000er-Programme oder Ähnliches mag ich nicht. So etwas würde ich lieber in einen Dauerlauf integrieren.
Was sind deine Schwächen als auch Stärken?
Ich beziehe das jetzt mal nur aufs Sportliche. Schwächen: Kraft, Schnelligkeit. Stärken: Ausdauer, Beweglichkeit.
Was motiviert dich?
Mich motivieren Ziele. Zum Beispiel die EM. An meiner Wohnungstür hängt ein Plakat, das ich letztes Jahr bei einer Pressekonferenz vor dem Great 10k in Berlin und dem Berlin-Marathon bekommen habe. Da steht drauf „Von Berlin nach Berlin – ein anspruchsvoller Weg“. Das lese ich jeden Tag, wenn ich zum Laufen rausgehe.
Wie wirst du schnell wieder fit? Dein Regenerationstipp?
Franzi-Regeneration nach dem Training sieht so aus: Warme Dusche, Pyjama, Wärmflasche und Abendessen im Bett. Dann muss man sich auch gar nicht mehr woanders hinbewegen und bekommt so automatisch genügend Schlaf.
Dein persönlich größter Erfolg bislang?
Schwer zu sagen. Vermutlich noch immer, dass ich es nach einem Jahr Verletzungsmarathon und einer OP im Juli fertig gebracht habe, mich bis September wieder auf die Beine zurück zu kämpfen und im Oktober dann mein Debüt in Frankfurt letztes Jahr zu geben (in 2:34:57h; Anm.d.Red.).
Ich hätte eine Zeit von 3 Stunden laufen können und es wäre eine krasse Leistung gewesen. Das wird einem aber auch erst selbst bewusst, wenn man mit genügend zeitlichem und emotionalem Abstand darauf zurückblickt. Das ist keine Leistung, die sich mit Medaillen schmücken lässt. Aber mit sehr viel mehr Respekt vor sich selbst, dem eigenen Körper und Vertrauen darauf, dass man was kann.