Selten kamen an einem Tag so viele Überraschungen auf einmal zusammen. Die Deutschen Meisterschaften im Halbmarathon am vergangenen Sonntag (08. April) in Hannover boten eine ganze Bandbreite an unerwarteten Ausgängen.
Mittlerweile aber sollte es nichts Neues sein, dass die Ergebnisliste nicht vorab geschrieben wird. So vielversprechend das Training und berechnend die Einheiten im vorwege auch ablaufen, ein Wettkampf ist es nicht.
Es kommt, wie es kommt
Und damit überraschen die Athleten nicht nur uns, sondern oftmals auch sich selbst. Sie wachsen zuweilen über sich hinaus und der Körper fährt zu Höchstleistungen auf, die man im Training nicht ansatzweise für möglich gehalten hätte. Und genauso wie die antreibende Stimmung eines Wettkampfes unerwartete Kräfte mobilisieren kann, können die Umstände einen manchmal auch einen Strich durch die Rechnung machen.
Alles oder nichts
Wie viel haben wir davon aber tatsächlich in der Hand? Stehen wir uns manchmal nur selbst im Wege bzw. der Kopf mit seinem übereifrigen Ehrgeiz?
Manchmal ist es doch aber gerade diese innere Stimme, die uns ins Ziel bringt. Und manchmal wiederum müssen sich die eigenen Ambitionen erst einmal mit den Umständen arrangieren. Entweder es passt halt alles zusammen oder nicht.
Aber genau das macht doch den Reiz aus?
Was wäre der Erfolg, ohne seine Vorgeschichte? Was wären Rückschläge, aus denen wir nicht umso stärker hervorgehen? Was wäre ein Wettkampf, deren Ausgang wir schon kennen?
Jede Anstrengung zahlt sich früher oder später aus
Zwar nicht immer nur positiv, aber an jeder Erfahrung können wir wachsen.
Über sich hinausgewachsen ist der Lokalmatador Karsten Meier (LG Braunschweig), der sich am Sonntag überraschend nach 01:05:22 Stunden den Meistertitel im Halbmarathon sicherte (hier geht zu Karstens Rennfazit).
Normalerweise hantiert der studierte Biochemiker eher still und leise im Hintergrund. „Einer aus der zweiten Reihe,“ wie es einst ein guter Freund beschrieb, der dann plötzlich ausschlägt und überraschend vorne mit rennt.
Das Rennen hat nicht langsam aber moderat schnell angefangen, so dass ich mich von Anfang an wohl in der Spitzengruppe gefühlt habe. Als ich dann mitbekommen habe, dass wir nur noch zu dritt waren, war ich regelrecht überrascht und wollte eigentlich nur lange genug dran bleiben.
Zur Hälfte des Rennens hatte Karsten nämlich einen kleinen Hänger und musste sich erst einmal durchbeißen. Auf den letzten Kilometern kam die Kraft dann unerwartet wieder – vielleicht auch, weil das Tempo insgesamt etwas langsamer wurde.
Dann wurde mir irgendwann klar, dass ich mich total ärgern würde, wenn ich nicht alles versuchen würde, um zu gewinnen. Den Endspurt habe ich dann einfach voll durchgezogen. Und wenn ich da noch geschlagen worden wäre, wäre das auch ok gewesen, denn mehr war definitiv nicht drin.
Bei den Frauen holte sich Franzi Reng (LG Telis Finanz Regensburg) mit ihren erst 21 Jahren den Meistertitel (hier geht es zu Franzis persönlichem Rennfazit). Die Regensburgerin zeigte mal wieder, dass sie am Wettkampftag einfach ihre Beine machen lässt.
Ich habe mich auf die ersten 10km konzentriert und wollte dort ein gutes Tempo ansteuern. Allerdings konnte ich es nicht so gut überprüfen, da meine GPS-Uhr mal wieder (wie schon so oft in den letzten Wochen) mich im Stich gelassen hat. Ich bin also sehr viel nach Gefühl gelaufen.
Bei Kilometer sieben zeigten sich dann leichte Oberschenkel-Krämpfe, weshalb sie das Tempo ein wenig rausnehmen musste. Ab der Hälfte hatte sie sich dann wieder gefangen und konnte mit einem deutlich besserem Gefühl weiterlaufen.
Zum Ende raus wurde es aber leider sehr langsam, da wir auf das Feld der Marathonis aufgelaufen sind und das kostete extrem viel Kraft und Zeit.
Unweigerliche Hindernisse
Aber nicht nur das Umkurven, zur-Seite-schreien oder Ausweichen war nervig, sondern auch die überfüllten Getränkestation, die bei den doch sehr hohen Temperaturen natürlich gut besucht waren.
Die Menge an erschöpfter Marathonis hatten das Trinken natürlich nötig, jedoch verweigerte es den Halbmarathonis so manche Erfrischung.
Das ist beispielsweise eines jener unweigerlichen Umstände, die manchmal einfach dazwischen funken und zwangsläufig den Rennverlauf mit beeinflussen können.
Trotzdem hatte Franzi gegen Ende noch gut Reserven und ein gutes Gefühl, sodass sie das Rennen schließlich kontrolliert beenden konnte. Von vornherein war nämlich der Plan, sich das eigentliche Ziel (den Marathon in Düsseldorf am 29. April 2018) nicht zu verspielen und dafür Kräfte zu sparen. Und das ist ihr mit ihren 01:14:14 Stunden am Ende sogar siegreich geglückt!
Jeder hat an diesem Sonntag also eine eigene Geschichte durchlebt, die wie gesagt aber nicht immer so erfreulich wie bei unseren Titelträgern ausgegangen ist. Aber jetzt kann jeder vielleicht rückblickend besser verstehen und für sich analysieren, was dafür wie verantwortlich gewesen ist.
Manchmal liefert die Suche vielleicht auch keinen Grund, aber dafür kommt die nächste Gelegenheit, bei der wir unseren Ansprüche und Erwartungen wieder gerecht werden können.
Wie sagt man doch… „Trotze, so bleibt dir der Sieg!“ Denn es ist bekanntlich erst zu Ende, wenn es zu Ende ist. In diesem Sinne, allen Läuferinnen und Läufern eine gute Erholung und man sieht sich wieder!
Fotocredit des Beitragsbildes: Fabian Braun