Du bist, was du kannst
Als Sportler für die Medienlandschaft interessant und im Vergleich erfolgreich, wenn die Ergebnisse stimmen. ‚Stimmen‘ heißt hierbei dem geforderten Leistungssoll entsprechend, der sich zudem bestenfalls international gut behaupten kann und sich unter Sponsoren gut verkaufen lässt.
Der Mensch aber hinterm Sportler – was ihn bewegt, tagtäglich motiviert, was ihn charakterlich auszeichnet und erst nahbar macht – wird nicht in die Summe mit einberechnet.
Ein Bruchteil vom Ganzen
Fest steht, dass unzählige Summanden zusammen kommen und die Leistungen erst bedingen. Gut oder schlecht ist dabei stets relativ zu betrachten.
So mag der Ausgang eines Wettkampfes für den objektiven Betrachter eine vermeintliche Niederlage sein aber für den Sportler selber einen Erfolg bedeuten. Beispielsweise weil dieser nach Monaten endlich wieder ein Leistungsniveau erreicht hat, der ihn wieder Mut gibt und zuversichtlich stimmt, dass es weiter Bergauf geht.
Es sind auch ’nur‘ Menschen
Jeder Sportler darf auch mal schwächeln und kann nicht immer nur funktionieren. Auch sie suchen trotz der Leidenschaft für ihren Sport manchmal extra starke Argumente gegen den inneren Schweinehund. Fest steht aber, dass sie sich immer wieder ins Geschehen zurückkämpfen. Sich nicht aufgeben, wo es andere vielleicht längst getan haben.
„Harte Arbeit zahlt sich aus!“
Das ist auch das Motto des Marathonläufers Hendrik Pfeiffer, der meiner Meinung nach das Paradebeispiel für einen Leistungssportler ist, der in seiner noch recht jungen Karriere schon viel durchgemacht hat, sich aber immer wieder ganz oben zurück meldet.
Wir erinnern uns zurück an sein Marathon-Debüt 2016, wo er in Düsseldorf überraschend die Olympianorm rannte.
Dass er aber bereits Wochen zuvor mit Achillessehnenproblemen zu kämpfen hatte und knapp hinterm Ziel eigentlich keinen weiteren Schritt mehr setzen konnte, wussten die wenigsten – eben weil die Kameras meistens auf oberflächliche Dinge schwenken.
Dass Hendrik Wochen danach auch im Training keinen Schritt laufen konnte und sich letztlich gegen einen Start bei den Olympischen Sommerspielen entscheiden musste, haben die meisten Medien schlicht hingenommen und am Ende nur auf jene geschaut, die tatsächlich (aber genauso verdient) an der Startlinie standen.
Für Hendrik aber war der Sommer 2016 mit Reha, ständigen Arztbesuchen und innerer Enttäuschung gezeichnet.
Alles auf Anfang und zurück auf 42,195km
Ein Jahr später sehen wir Hendrik bei seinem zweiten Marathon in Köln wieder. Erneut mit dem Ziel, sich für ein internationales Großevent – die Heim-EM in Berlin – zu qualifizieren.
Eine Heim-EM ist nicht nur Anreiz genug, sondern wäre auch eine nette Wiedergutmachung für den verpassten Start bei den Olympischen Spielen.
Er rannte die 42,195km erneut unter der geforderten Norm (2:14:00 Stunden) und gehörte am 22. Mai 2018 auch zu den glücklichen Nominierten.
Zu früh gefreut
Erneut macht ihm seine Achillessehne nämlich wieder Probleme und das nächste mögliche Highlight in seiner Sportkarriere steht unter keinem guten Stern und auch das ‚von Arzt-zu-Arzt-Gerenne‘ geht in die zweite Runde.
Ich habe gelernt, das zu nehmen, was kommt. Die Europameisterschaft? So weit denke ich aktuell gar nicht. Vielleicht muss ich im Sommer die Leistungssportkarriere ganz abschreiben.
Man weiß nie, was kommt. Deshalb sichert sich der 25-Jährige zeitgleich mit Studium und Nebenjob ab, um langfristig ein Plan B zu haben.
Zwei Welten
Mit dem richtigen Konzept einer dualen Karriere können Arbeitgeber und Leistungssportler (bzw. zeitgleich Arbeitnehmer) sogar voneinander profitieren. Und diese Möglichkeit hat Hendrik bei Klöckner & Co.
Zustande kam der Kontakt durch die Vermittlung der Sportstiftung NRW (Projekt Zwillingskarriere) und dem Vorstandsvorsitzenden von Klöckner & Co Gisbert Rühl während meiner Verletzungspause im Sommer 2016. In diesem schweren Karrieretief gab mir der Einstieg bei Klöckner & Co wieder Halt und er hat sich als wichtiges Puzzlestück meines erfolgreichen Comebacks (Sieg beim Köln Marathon 2017 und Qualifikation für die Heim-EM in Berlin) entpuppt.
Deshalb wollte Hendrik am 27. Mai auch ein besonderes Zeichen setzen, dass man unter den richtigen Umständen auch zweispurig fahren kann.
Einen Halbmarathon im Anzug unter 1:18:10 Stunden
Wenn der Plan aufgehen sollte, würde sich Hendrik einen Eintrag im Guiness Buch der Rekorde sichern. Denn bis dato war Michael Tozer in einer Zeit von 1:18:10 Stunden der schnellste Mann, der den Halbmarathon im Anzug gelaufen ist.
Planen ist ja aber aktuell so eine Sache bei Hendrik. Gerade wenn die Achillessehne aktuell noch immer kein verlässlicher Teamplayer ist.
Wie sagte Hendrik noch gleich? „Ich nehme das, was kommt.“ Deshalb bot sich mit dem Halbmarathon im Rahmen des 6. VIVAWEST Marathons JETZT die Gelegenheit, die Aufmerksamkeit auf die duale Karriere zu lenken, die sich in seinem Fall bislang sehr positiv bewährt hat – würde seine Achillessehne nicht immer wieder Probleme machen.
Vielleicht geht am Ende auch alles gut und auch bis zur EM bin ich wieder fit. Aber jetzt versuche ich erst einmal, den Halbmarathon zu laufen. Danach sehen wir weiter.
Und was kam dabei heraus? Das seht ihr hier
Ein Schweißgetränkter Anzug, der bildlich die siegreiche Hitzeschlacht bezeugt. Denn Hendrik stellte mit 1:12:47 Stunden nicht nur einen neuen (deutlichen!) Weltrekord auf der Halbmarathon Strecke auf, sondern sicherte sich zeitgleich den Sieg.
Mit der Aktion lenkte er nicht nur effektiv die Aufmerksamkeit der Medien auf sich und seinen erfolgreichen Entwurf einer dualen Karriere dank Arbeitnehmer Klöckner und Co., sondern konnte erneut auch aus sportlicher Sicht ein Ausrufezeichen setzen.
Mit seinem adretten Auftritt hat Hendrik vielleicht langfristig etwas ins Rollen gebracht. Sein Konzept einer dualen Karriere öffnet möglicherweise auch anderen Leistungssportler und Arbeitgeber in Zukunft die Möglichkeit, zwei Welten profitabel gerecht zu werden. Es lohnt sich für beide Parteien: der Leistungssportler sammelt zeitgleich Erfahrungen als Arbeitnehmer und baut sich ein zweites Standbein auf, ohne sich gänzlich für eine Sache entscheiden zu müssen. Und der Arbeitgeber wiederum profitiert nicht nur von der Medienpräsenz, sondern vorrangig an der ‚Leistungsstärke‘ seiner Arbeitskraft, die Eigenschaften mit bringt, die sich nicht nur als Leistungssportler, sondern auch im Berufsalltag bewähren – dazu zählen Disziplin, zielorientiertes Arbeiten und Verlässlichkeit.
Credit des Beitragsbildes: VIVAWEST Marathon